Universalrestaurierung - Universelles Verständnis der Konservierungs- und Restaurierungswissenschaft

Wenn Fachtagungen von meinen Kolleginnen und Kollegen hauptsächlich mit dem Fokus auf die jeweiligen Vorträge und Workshops der restauratorischen Fachausrichtung hin besucht werden, so fand ich gerade auch die fachübergreifenden Themen spannend. Denn es ermöglicht mir die Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem und Anderen und die ständige Überprüfung und Aktualisierung meine Tuns.

Diese Aufgeschlossenheit, Reflexions- und Aktualisierungsbereitschaft kommt meiner Arbeit in doppeltem Sinne entgegen. Erstens prädestiniert  sie mich für die Zusammenarbeit mit Schadens-sanierungsdienstleistern, den sog. Brand-/Wassersanierungsfirmen, weil diese bei "höherwertigem Hausrat" und "Kunst" mit verschiedensten Gattungen und Materialgruppen zu tun haben und hierfür gerne mit einer kompetenten Ansprechpartnerin zusammenarbeiten. 

Zweitens befähigt es mich zu einer sensiblen und individuell angepassten Übertragung meiner seit 1985 angesammelten Erfahrungen und restauratorischen Kenntnisse auf meine Arbeitsbereiche Gemälde, Skulpturen und moderne/ zeitgenössische Kunst und neben Brand-Wasserschädenbearbeitung meinem zweiten Spezialgebiet (außereuropäisches) sakrales Kunst- und Kulturgut.

 

Zur Frage nach dem Warum und dem Wie:

Als ich mich für diesen Beruf interessierte, hieß es, frau solle Farb- und Formgefühl mitbringen, Freude am kreativen Gestalten und eine eigens angefertigte künstlerische Mappe, sowie möglichst keine Rot-Grün-Sehschwäche mitbringen. Mir war zu diesem Zeitpunkt, etwa 1986 klar, dass meine malerische Vorliebe für das Zeichnen und Malen nach Vorlage (Stillleben, Fotorealismus und vor allem auch die Wiedergabe der Lichteindrücke nach impressionistischen Manier) galt und dass mir leere Zeichen- oder Malgründe Kopfzerbrechen in Fragen zu Bildidee und Komposition bereiteten. Unterstützt durch meine erste restauratorische Erfahrung in einem Probepraktikum, an einer "wurmstichigen" Holztruhe  ein schnitzerisches Ornament erst zeichnerisch und dann auch schnitzerisch umzusetzen, beschritt ich den Weg ""eines möglichst präzisen Gestaltens nach einer Vorlage " - was ich aus diesen ersten Eindrücken unter >>restaurieren<< verstand - weiter. Die aufmunternden Beurteilungen zweier Kunsterzieher der Gymnasialzeit, aufgrund meiner sehr guten Leistungen im "LK Kunst" doch Freie Kunst zu studieren, konnten mich von meinem Bestreben damals wie heute nicht abbringen. Nämlich mich in gestalterische Ergebnisse und ihre Produzenten so gut es geht einzufühlen, um die darin zum Ausdruck gebrachten Intentionen bestmöglich dort zu rekonstruieren, wo diese aufgrund von Schäden nicht mehr erfahrbar ist. Und zwar ganz im Sinne dieser kreativen und gestalterischen Umsetzungen einer Persönlichkeit eingebettet in einer bestimmten Zeit und Region. Als Kind fasziniert von Möbeln, die mein Vater als Antiquitätenhändler aus luftigen Scheunen, muffigen Kellern und feuchten Garagen "mehr tot als lebend" barg und die nach der "Aufarbeitung" eine Aura der gerade erwähnten `Persönlichkeit eingebettet in einer bestimmten Zeit und Region` verbreiteten, die sich für mich durch die erfolgten Restaurierungen in diesen Kunst- und Kulturgütern  eindrücklich manifestierten. Und wofür ich bereits als Kind empfänglich zu sein schien. Kurzum: Diese kindlichen Eindrücke ließen mich in Ehrfurcht staunen und prägen mich bis heute. Begriffe wie Demut und Respekt spielen dabei für mich eine Rolle. Das eigene kreative Ego möchte ich nur bei der Umsetzung der beschriebenen Prämisse in der Suche geeigneter Materialien und Instrumentarien und bei meiner Überzeugungsarbeit für oder gegen bestimmte konservatorische und restauratorische Handlungsweisen  entsprechend meiner persönlichen ethischen und moralischen Auffassung meines Berufes aber in enger Abstimmung mit dem Auftraggeber ins Spiel bringen.

Ein dritter Pluspunkt: Sie erhalten diese Erfahrungskompetenz aus einer Hand. In meinem Unternehmen (Die obigen Fotos zeigen zwei Blickrichtungen auf mein Atelier in einem denkmalgeschützten Innenhof in Köln Neuehrenfeld.) bin ich Geschäftsführerin, Beraterin, Betreuerin, Restaurierungsgutachterin, Recherchierende, Dokumentierende und Ausführende. Allerdings mit der selbstverpflichtenden Option, mich in fachübergreifenden restauratorischen Fragestellungen nicht ausschließlich auf die erworbenen vorrestauratorischen Erfahrungen und Restaurierungskenntnisse u. a. des Studiengangs "Restaurierung und Konservierung von Gemälden und gefassten Holzskulpturen" an der FH jetzt TH Köln in den Jahren 1990 bis 94, sowie der über zwei Dekaden währenden Freiberufler*innenpraxis auszuruhen. Vielmehr in solchen Fällen mein Netzwerk an Kolleginnen und Kollegen anderer Fachbereiche zu Rate zu ziehen oder um tatkräftige Unterstützung zu bitten. Dies ermöglicht mir die ganzheitliche Bearbeitung meines mir anvertrauten Kunst- und Kulturgutes; darunter z. B. die Rollbilder des tibetischen Kulturraums, den sogenannten Thangkas oder spezielle Ritualdolche (der sog. Phurpa, Phurba, Phurbu, Kila, Dreizack, altertümlicher westlicher Begriff: Ritualnagel). Sind die Erstgenannten neben einem Bildteil in Gewebeeinfassungen eingenäht, so dass die Zusammenarbeit einer Kollegin/ eines Kollegen aus dem Textilbereich notwendig sein kann, können Letztere aus verschiedensten Materialien mit und ohne Farbe bestehen.

Last but not least führte mich meine Ausbildungszeit vor Beginn der Freiberuflichkeit, was meine seither über drei Dekaden restauratorische Arbeit komplettiert, auch "an die Wand". D. h. das Reinschnuppern in den Fachbereich Wand/ Stein mit Wände  füllenden Malereien, Dekoren und Ornamenten weltlicher und religiöser Themen sensibilisierten mich darauf, "von groß nach klein" zu arbeiten, was bedeutet, dass ich mich nicht im Kleinen verliere, sondern das große Ganze im Auge behalte und meine restauratorischen Maßnahmen damit automatisch auf das Notwendigste beschränke.

Der Kreis schließt sich von der fachübergreifenden Ausbildung zur fachübergreifenden und interkulturellen Arbeit hin zu einem interdisziplinären und interkulturellen Forschungsansatz.